Aktueller Fall des Monats
Titel
Vorräte für schmerzhafte Zeiten
Fall-Nr.
278179
Zuständiges Fachgebiet
Innere Medizin
Altersgruppe des Patienten
Senior/in (> 70 Jahre)
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Was ist passiert?
Die Pflegekraft hat BTM ausgetragen und dem Patienten nicht unter Sicht gegeben, dadurch hat der Patient die BTM-Tabletten im Nachtschrank gebunkert (sehr viele) ohne, dass es einem MA aufgefallen ist.
Was war das Ergebnis?
Pat. war stark abhängig vom BTM? Fraglich.
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis?
Das BTM sollte immer unter Aufsicht der Pflegekraft erfolgen (zur Sicherstellung).
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?
- Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
Wie häufig ist dieses Ereignis bisher ungefähr aufgetreten?
erstmalig
Wer berichtet?
Pflege-, Praxispersonal
Kommentar des CIRS-Teams des Krankenhauses
Vielen Dank für die Eingabe des CIRS-Falls!
Das CIRS-Team weist darauf hin, dass Patient:innen bei BTM-Gabe auf unzuverlässiges Verhalten (Sucht, Demenz) eingeschätzt werden. (siehe auch DA Umgang mit Betäubungsmitteln).
Kommentar des Anwender-Forums (2025)
Es ergeben sich aus Sicht des Anwenderforums mehrere offene Fragen:
- War der Patient aus Angst vor einer künftigen Versorgungslücke bestrebt, mehr Medikamente zu sammeln?
- War dem Patienten bekannt, dass es sich hierbei um BTM handelt, die Abhängigkeitspotenzial besitzen?
- Handelte es sich um eine Dauermedikation oder um akuten Bedarf?
- Wäre eine Umstellung auf eine alternative Darreichungsform, etwa ein Pflaster, sinnvoll gewesen?
- War die Indikation gerechtfertigt, wenn der Patient offensichtlich BTM bunkern kann?
- Gab es weitere Anzeichen für mangelnde Compliance?
Die Beantwortung dieser Fragen könnte Hinweise auf systemische Schwächen in der Verschreibung, Weitergabe und Kontrolle von BTM geben.
Empfehlung
- Laut Schilderung der Teilnehmenden des Anwenderforums ist eine Sicherstellung der Einnahme durch „Gabe unter Sicht“ angesichts der knappen personellen Ressourcen nicht realitätsnah und empfiehlt eine risikoadaptierte Abgabe von BTM, z. B. durch eine strukturierte Einschätzung von Patient:innen auf unzuverlässiges Verhalten. Dies ist laut internem CIRS-Team in der Einrichtung, aus welcher der Bericht stammt, vorgesehen.
- Es wird darauf hingewiesen, dass auch Mitpatient:innen, die das gleiche Zimmer bewohnen, berücksichtigt werden müssen: Sind diese beispielsweise dement oder medikamentenabhängig, sollten BTM nicht einfach auf dem Nachttisch anderer Patient:innen abgestellt werden.
- Grundsätzlich sollten bei der Verordnung von BTM regelmäßige Indikationsprüfun¬gen und Dosisanpassungen erfolgen.
- Vorbeugend kann der Prozess von Verschreibung bis Abgabe überprüft und gegebenenfalls angepasst werden – inklusive Dokumentation, Vier-Augen-Prinzip, Lagerung, Zugriffskontrollen und Sicherheitsbarrieren.
- Die Patientenmedikation muss verständlich erklärt und dokumentiert werden, da¬mit der Patient seinen Umgang mit BTMs versteht und diesem zustimmt.
- Wichtig ist darüber hinaus ein Funktionieren des Entlassmanagements bei Medikation mit BTMs.