Aktueller Fall des Monats

Titel
Doppeldokumentation der Diabeteskurven

Fall-Nummer
258012

Zuständiges Fachgebiet
Innere Medizin

Altersgruppe des Patienten
Erwachsener

Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus

Was ist passiert?
Es findet eine Doppeldokumentation der Diabeteskurven zur Blutzuckereinstellung statt. Die papiergeführte Kurve stimmt häufig nicht mit der digitalen Kurve überein. Das führt regelmäßig zu Unstimmigkeiten und Nachfragen. Es ist nicht immer klar, welches Schema das aktuelle ist: auf Papier oder digital?

Was war das Ergebnis?
Es besteht die Gefahr, dass Patient*innen ein falsches Insulin erhalten oder nach einem falschen Schema gespritzt werden oder schlimmstenfalls eine doppelte Insulininjektion erhalten. Eine Patient*in könnte in einen hypoglykämischen Schock fallen und im schlimmsten Fall versterben.

Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis?
Ärztliche Therapieveränderungen finden ausschließlich in der digitalen Kurve statt. Diese ist verbindlich. Zusätzlich geführte Kurven in Papierform sind nicht für eine Anwendung zulässig. Mitgebrachte Insulinschemata von Patient*innen werden mit der festen Insulindosis ärztlich digital angesetzt.

Klinikweit gibt es festgelegte Insulinschemata, die abgestimmt wurden (notwendige Individualisierungen sind möglich). Alle Mitarbeitenden, die mit der digitalen Kurve arbeiten, müssen eine Schulung absolvieren.

Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?

  • Ausbildung und Training
  • Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
  • Technische Geräte (Funktionsfähigkeit, Bedienbarkeit etc.)

Wie häufig ist dieses Ereignis bisher ungefähr aufgetreten?
wöchentlich

Wer berichtet?
Pflege-, Praxispersonal

Kommentare

Kommentar des Anwender-Forums:
Eine Umfrage unter den Vertrauenspersonen ergibt, dass in mehreren Häusern eine Doppeldokumentation, wie im Bericht beschrieben, existiert, obwohl diese risikobehaftet ist.

Grundsätzlich stellt sich die Insulintherapie oft als komplex dar: Die Insulingabe ist abhängig von der Tageszeit, dem Aktivitätslevel der Patient:innen und dem gemessenen Blutzuckerspiegel. Patient:innen kommen mit sehr unterschiedlich gestalteter Dokumentation ihrer Medikation in die Kliniken.

Als möglichen Grund für die verbreitete Doppeldokumentation sieht das Anwenderforum die Tatsache, dass digitale Systeme die Komplexität der Diabetestherapie oft nicht gut wiedergeben und die Produkte die Anforderungen aus der Praxis oft nicht ausreichend erfüllen. So wäre es beispielsweise wünschenswert, wenn das Therapieschema automatisch berücksichtig, dass ein Patient nüchtern bleiben muss. Nur eine Klinik schätzt ein, dass sie ein gut funktionierendes System implementiert hat: Bei Eintragungen der Blutzuckerwerte erscheint bei einem Mouse-Over das Anwendungsschema für die Insulingabe.

Entscheidend ist, so fasst das Anwenderforum zusammen, dass die Diabetestherapie in der Klinik einen entsprechenden Stellenwert erhält:

  • Dazu ist eine gute Schulung des Personals und auch eine Nachschulung neuer Mitarbeitenden sicherzustellen. In manchen Kliniken gibt es bereits spezielle Diabetes-Teams.
  • Die Anordnung der Therapie in der digitalen Akte ist verbindlich. Eine parallele Dokumentation
    (z. B. auf Papier) ist auf jeden Fall zu vermeiden. Unabhängig davon müssen jedoch für elektronische Systeme Ausfallkonzepte erarbeitet werden.
  • Therapieschemata, die von Patient:innen mitgebracht werden, müssen von der Ärztin bzw. dem Arzt digital angesetzt werden.
  • Die Ausarbeitung festgelegter Insulinschemata sollte für die gesamte Klinik erfolgen. Nach der Dokumentation des Blutzuckerwertes (z. B. am Morgen) sollte die korrekte Insulingabe in der digitalen Kurve erscheinen. Individuelle Abweichungen sollten möglich sein.