Aktueller Fall des Monats

Titel
Vorgehen zur Anmeldung einer Anschlussheilbehandlung (AHB)

Fall-Nr.
270315

Zuständiges Fachgebiet
Allgemeinmedizin

Altersgruppe des Patienten
Erwachsener

Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus

Was ist passiert?
Patient hat eine komplette Pankreatektomie erhalten. Sozialdienst hat dem Patienten die AHB-Anmeldung zum Ausfüllen durch den Hausarzt mitgegeben. Eine Anmeldung einer AHB durch den Hausarzt ist nicht vorgesehen. Diese findet erst 6 Monate nach dem Eingriff statt. Der Patient hat in dieser Zeit weiter Gewicht verloren.

Was war das Ergebnis?
Der Patient hat es zum Glück überlebt. Für andere Patienten wäre es vielleicht nicht so gut ausgegangen.

Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis?
Unterbesetzung? Überarbeitung? 
Bessere Organisation

Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei? 

  • Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
  • Ausbildung und Training
  • Persönliche Faktoren des Mitarbeiters (Müdigkeit, Gesundheit, Motivation etc.)
  • Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung etc.)
  • Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
  • Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens etc.)

Wie häufig ist dieses Ereignis bisher ungefähr aufgetreten?
erstmalig

Wer berichtet?
Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in



Kommentar des Anwenderforums

Der berichtete Fall wirft eine Reihe von Fragen auf, die im Anwenderforum diskutiert
werden:

  • Wie hätte der vorgesehene Ablauf in der Einrichtung in diesem Fall ausgesehen?
  • Ist der Sozialdienst ausreichend informiert gewesen? Wurde er bereits bei der Aufnahme des Patienten benachrichtigt?
  • Was wurde hinsichtlich des Antrags auf Anschlussheilbehandlung (AHB) mit dem Patienten besprochen?
  • Was stand dazu im Arztbrief? Hat der Patient den AHB-Antrag an den Hausarzt weitergegeben? War der Patient in der Lage, diese ihm überlassene Aufgabe zu erfassen?
  • Ist die verspätete AHB ursächlich für die Gewichtsabnahme des Patienten?
  • Gibt es in dieser Klinik eine SOP für den Behandlungspfad?

Der Bericht handelt sowohl von häufig berichteten Diskussionen um die Verantwortlichkeit für die Beantragung von AHB als auch von einer typischen Schnittstellenproblematik zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor.

Bei der Beantragung einer Anschlussheilbehandlung arbeiten ärztlicher Dienst und Sozialdienst eng zusammen. Der ärztliche Dienst beauftragt den Sozialdienst mit der Beantragung einer AHB und stellt in einem Bericht Diagnose, Indikation und Zielstellung der AHB zur Verfügung. Der Sozialdienst kümmert um die Sozialangaben des Patienten/der Patientin und um die Suche nach einer passenden Einrichtung. Der Antrag wird dann sofort an den Versicherungsträger versendet, damit die AHB zeitnah stattfinden kann.

In den Kliniken gibt es verschiedene Herangehensweisen bei der Beantragung einer Anschlussheilbehandlung. Dabei kann die Benachrichtigung des Sozialdienstes Teil des festgelegten Behandlungspfades sein, der Sozialdienst wird dann automatisch informiert. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Antrag für eine AHB in das Entlassmanagement zu integrieren, sodass rechtzeitig eine Information des Sozialdienstes erfolgen kann. Eine weitere Herangehensweise ist die Etablierung einer regelmäßigen Sozialvisite, in der sich Vertreter:innen des Sozialdienstes, die Pflegedienstleitung, der Oberarzt/die Oberärztin, ein:e Mitarbeitende:r aus dem Case Management und gegebenenfalls der Seelsorge zusammenfinden, um für jede:n Patient:in die notwendige Versorgung nach dem Klinikaufenthalt zu besprechen.

Empfehlung

  • Eine Anschlussheilbehandlung ist ein wesentlicher Bestandteil der Therapie. Daher sollte in der Klinik sichergestellt werden, dass der Antrag frühzeitig gestellt wird, damit die AHB rechtzeitig angetreten werden kann.
  • Dazu ist die zeitige Beauftragung des Antrags auf AHB in geeigneter Form sicherzustellen. Dafür eignen sich z. B.
    • das hauseigene Entlassmanagement
    • festgelegte Behandlungspfade oder
    • die vorab beschriebene Sozialvisite.
  • Im Entlassmanagement sollten Festlegungen zur Einbeziehung des Sozialdienstes integriert sein. Bei großen Eingriffen ist der Sozialdienst idealerweise von Anfang an einzubeziehen, damit die Beantragung der AHB während der Aufenthaltsdauer in der Klinik erfolgen kann. In manchen Kliniken wird die Entlassung bereits innerhalb der ersten 48 Stunden nach Aufnahme geplant und in diesem Zusammenhang auch der Sozialdienst informiert.
  • Die Erinnerung an die Beantragung der AHB könnte elektronisch unterstützt werden. Diese Unterstützung muss niedrigschwellig sein und könnte beispielsweise in existierende Behandlungspfade integriert werden.
  • Wenn die Beantragung der AHB nicht direkt erfolgen kann, muss dies expliziert mit dem Patienten besprochen und im Arztbrief vermerkt werden.

Eine zusätzliche Sicherung könnte bei poststationären Behandlungen oder Nachsorgeterminen (Fäden ziehen etc.) darin bestehen, den Antrag auf die AHB in die Checkliste für diese Behandlung aufzunehmen.